Das Buch des Monats Januar 2001:

poppis_sind_naz.gif (8372 Byte)

Nazis sind Pop

Taschenbuch
159 Seiten Elefanten Press Verlag GmbH; ISBN: 3885207796

von Schröder, Burkhard

 

Endlich ein *gutes* Antifa-Buch!
Rezension "Nazis sind Pop"

Obwohl ich nicht auf einer politischen Wellenlänge mit dem Autor liege (oder gerade deshalb?) und nicht glaube daß konservative Parteien lediglich ein strategisches Interesse an der Bekämpfung des Rechtsextremismus haben, kann ich das Buch nur über alle Maßen loben. Das erste Antifabuch, das ich mit Genuß las und dem ich zu 95 Prozent zustimme. Gegen Zensur, für den Wettbewerb der Meinungen. Gegen die linke Gutmenschen-Kuschelecke, sondern für den Nutzer, dem man genug Grips zutrauen und - muten muß, sich selbst einen Überblick über "problematische" Inhalte zu verschaffen. Extremistische Inhalte verschwinden nicht dadurch, daß man Sie verheimlicht - man muß sich argumentativ und intellektuell mit ihnen auseinandersetzen. Das Internet ist ein nicht zu kontrollierender Informationsmarktplatz, Tauschbörse und Marketinginstrument und schafft partiell "Gegenöffentlichkeit". Verbote helfen zumeist wenig bis nichts. Der Wert der Freedom of speech darf insbesondere in Nordamerika nicht unterschätzt werden. Doch: "[...]die Nazi-Homepages im Internet sind, verglichen mit der Gesamtzahl der Web-Seiten, nicht mehr als ein Bonsai, verglichen mit dem Amazonas-Urwald." (Burckhard Schröder)Beunruhigend ist neue "Qualität" der Inhalte und die steigende Radikalität. Ging es 1992 noch um "national befreite Zonen", so wird heute vor offenen Mordaufrufen im Netz nicht mehr zurückgeschreckt, und auch die Anti-Antifa ist ein wichtiger Faktor der Politisierung und des Ideentransports geworden. Unterschätzt wird ferner der Schulterschluss zwischen Neonazis und Fußballhooligans, obwohl Unterwanderungs- und Instrumentalisierungsversuche dieser eigentlich unpolitischen Szene seit Jahren bekannt sind. Auch Subkulturen, von denen man es auf den ersten Blick nicht erwarten würde, werden gezielt von rechtsextremen Kräften unterwandert und instrumentalisiert. Dies wird in dem vorliegenden Werk lückenlos dargestellt und nachgewiesen, insbesondere die Techno- und Gothicszene scheint ob Ihrer Symbolik sehr anfällig zu sein. Unter dem Strich bleibt für den Autor - und da gehe ich zu 100 Prozent d'accord: Man kann in einem dezentralen Medium nur schwer mit Verboten oder Filtersoftware etwas erreichen. Das Internet interpretiert Sperrungen als Fehler und umgeht sie. Wichtig ist eine argumentative Auseinandersetzung mit dem rassistischen und antisemitischen Wahn. Und die Schaffung von kritischer Medienkompetenz für junge Nutzer. Etwas muß man sich letztendlich vor Augen halten: Es wird zu oft vergessen, daß fast alle Deutschen rechte Gewalt zutiefst verabscheuen.

Heiko Schomberg, 13. Januar 2001

>>>>zurück<<<<

[www.heiko-schomberg.de/buchempfehlungen.htm]
[Schombergs Wunschzettel bei Amazon]