Heiko Schomberg · Frankfurter Straße · 35037 Marburg
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Frankfurt am Main, den 01. August 2000

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Ihr Artikel: "Die Jahrhundertelf formiert sich als Sieben", in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 31. Juli 2000, Nr. 175, Seite 38

Nicht "Wo ist Behle?", sondern "Wo war Berti?!", fragte sich der geneigte Zuschauer am letzten Samstag. Auch wenn Fußballfans manchmal unwählerisch und leidensfähig sind und über heterogene Ausbildungsbiographien verfügen, die dazu führen, unerträglich-drittklassige Showeinlagen á la Sound Convoy zu ertragen: Wir sind jedoch nicht so verblödet und instinktlos, das Nichterscheinen des geehrten Hans-Hubert Vogts, nicht mit gellenden Pfiffen zu quittieren. Ein ganz schwacher Auftritt!

Herr Vogts, der sportlich alles dem VfL Borussia Mönchengladbach 1900 e.V. zu verdanken hat, erschien nicht, weilte im Urlaub und übermittelte nicht einmal über Video ein paar Worte des Grußes. Netzer, der vermutlich der Festivität hätte beiwohnen können, doch dessen "Ding" solche Veranstaltungen seiner Biographen Meinung nach nicht sind (Siehe vor allem Böttiger, Helmut , "Günter Netzer, Manager und Rebell", München 1998) schickte per Aufzeichnung Nachdenkliches aus Sylt. Jupp Heynckes zog per Monitor gleich und lieferte das am Niederrhein überaus beliebte Schlüsselwort "Aufstieg". Doch: Wo war Vogts?

Sollte man Motivationsforschung beim ehemaligen Bundestrainer betreiben? War es die Entlassung seines ehemaligen Adlatus Bonhoff als sportlicher Leiter der Lizenzspielerabteilung im September 1999, die ihn kränkte und zu diesem Schritt bewog? Rainer Bonhoff ließ es sich dagegen nicht nehmen, persönlich der Ehrung als Spieler der "Jahrhundertelf" beizuwohnen. Dies trotz aller bitterer Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit und damit einhergehender Wunden, die diese schlug. Er wurde auch mit artigem Beifall bedacht, da man sich auf Anhängerseite der Erfolge als Spieler erinnerte.

Patrick Andersson, der ebenfalls keinen Videogruß übermittelte, ließ sich wie Heynckes (s.o.) mit der sportlichen Vorbereitung auf die nächste Saison entschuldigen. Der polarisierende "Tiger" Effenberg hatte ein feines Gespür dafür, wie er am Bökelberg empfangen würde, erschien leibhaftig und fand Worte, die jeder Fan gerne hörte und beklatschte.

Wo war Vogts? Enttäuschend bis demaskierend, wenn jemand, der nicht müde wird, seine Bodenständigkeit und das Stammen aus sog. "einfachen Verhältnissen" sowie die Verbundenheit zur Borussia zu betonen, kommentarlos der Hundert-Jahr-Feier und Ehrung als Mitglied der Jahrhundertelf fernbleibt.

Sicher, er hat einen schulpflichtigen Sohn und mußte ob der Ferien in Nordrhein-Westfalen früh buchen. Oder sollte die Vereinführung es - in der Tradition der schlimmen zweiten Hälfte der Neunziger Jahre - vermasselt haben und bat ihn nicht um eine Video-Grußbotschaft?

Wo wir gerade bei polemischen Einwürfen sind: Ich möchte Ihnen zur Rückkehr zur alten Rechtschreibung gratulieren - ein mutiger und wichtiger Schritt wider die Volksverdummung.

Mit freundlichen Grüßen verbleibt

( Heiko S c h o m b e r g )