Marburg, den 02. Oktober 1998

Betrifft: Bundestagswahl 1998

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

entgegen meiner sonstigen Gewohnheit - dies ist mein erster Brief an einen Politiker - möchte ich mich hiermit ganz herzlich für Ihre hervorragende Arbeit, auch im Namen meiner Lebensgefährtin Tanja Loetz, bedanken. Nicht zuletzt ob meines Alters (Jahrgang 1971), habe ich an Helmut Schmidt kaum Erinnerungen, so daß meine komplette politische Sozialisation unter Ihrer Ägide stattfand - und wie ich finde, zu meinem Nutzen im speziellen und zum Nutzen Deutschlands in toto!

Es ist nicht meine Absicht Sie zu langweilen, deswegen mache ich mir nicht die Mühe, Ihre Verdienste im einzelnen aufzuzählen - ein zehnseitiger Brief käme vermutlich dabei heraus - ich möchte auch nicht schleimen oder schmeicheln – ich möchte mich nur noch einmal persönlich bedanken.

Ich befürchtete ein solches Ergebnis – die Stimmung auf der Straße war ungut - und habe dennoch als "Quoten-unter-Dreißigjähriger" an Infoständen gerne für Ihre Sache geworben, obwohl man als Politikwissenschaftler in Marburg nicht zwangsläufig Sympathisant der Union ist. Manches Mal kommt man sich unter politisch korrekten Gutmenschen und sonstigen Kommilitonen wie ein politischer ‘Wirrkopf’ vor.

Leider muß man fast mit Konrad Adenauer d’accord gehen, der sagte, Sozialdemokraten haben Deutschland immer geschadet. Jetzt beginnt – ich möchte nicht altklug klingen - die wichtige Regenerationsphase für die Union und man kann sich mehr oder minder entspannt zurücklehnen und hoffen, daß der Schaden nicht zu groß wird.

Polemisch zugespitzt könnte man behaupten: Nur die dümmsten Kälber wählen die eigenen Metzger und warum regt sich kein Mensch darüber auf, daß die Postkommunisten wieder im Bundestag sind?! Ich möchte nicht so weit wie Herr Hauser gehen, doch nach weit mehr als 1 Billionen DM Transferleistungen muß man nicht zwingend davon ausgehen, daß dort debil-brav PDS gewählt wird, oder?!.

Eigentlich ist es ja egal, wer Vize-Kanzler unter Lafontaine ist. Verkürzt wiedergegeben muß es heißen: Demokratie heißt Wechsel: Schäuble muß ‘ran.

Schließend möchte ich mir erlauben, besonders Ihr würdevolles, staatsmännisches und tief bewegendes Auftreten nach der Niederlage betonen. Ein Beispiel, dem andere folgen könnten, hätten sie Ihr bemerkenswertes Format. Für 16 Jahre Dienst an Deutschland möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken und wünsche Ihnen für Ihren weiteren Weg als "normaler" Abgeordneter alles erdenklich Gute und vor allem Gesundheit.

Mit freundlichen Grüßen verbleibt

(Heiko Schomberg)

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